Tim Berners-Lee Erfinder des World Wide Web

Tim Berners-Lee erfand das World Wide Web und wurde eine Legende im IT-Bereich.

Nachdem ich letzte Woche am Dienstag den Artikel “Die erste Website”, am Donnerstag den Artikel „Das frühe World Wide Web“ und am Freitag den Artikel „World Wide Web“ veröffentlicht habe, zeige ich euch heute wie Tim Berners-Lee das World Wide Web erfand.

Ursprünglich war der Entwurf für ein Informationsnetz auf digitaler Basis, welches der junge Informatiker 1989 entwickelte, nur als provisorische Notlösung gedacht – er wollte das chaotische System der Informationsorganisation im Kernforschungszentrum Cern für den wissenschaftlichen Alltag vereinfachen. Diese “Notlösung” feiert nun als World Wide Web seinen über 20-jährigen Geburtstag.

Tim Berners-Lee

Tim Berners-Lee

Tim Berners-Lee schrieb Anfang 1989 an seinem Rechner mit der simplen Textverarbeitung Word einen Aufsatz von nur ungefähr 30.000 Zeichen Länge und dem schlichten Titel “Informationsmanagement: Ein Vorschlag”. Darin beschreibt er die Grundzüge des WWW in seiner heute immer noch gültigen Grundform.

Dieser Aufsatz wird im März desselben Jahres veröffentlicht und skizziert die Lösungssuche von Berners-Lees für die im Forschungsalltag auftretenden Probleme. Aufgrund des Informationschaos gehen teilweise sogar wichtige Details von früheren Forschungsprojekten verloren. Tim Berners-Lee beschreibt in den ersten Kapiteln seines Textes die Hauptgründe, die er dafür ausmacht:

Das Cern organisiert die Informationen innerhalb eines Webs mit vielen Verknüpfungen und dessen Verbindungen, welche sich im Lauf der Zeit entwickeln. Aufgrund häufiger Personalwechsel (meist bleiben die an Forschungsprojekten beteiligten Personen nur über dessen durchschnittliche Dauer von ca. zwei Jahren am Cern) gehen mit den Mitarbeitern auch permanent Informationen verloren. Es gibt keine strukturierte Informationspolitik, sondern Neuigkeiten über die Einrichtungen des Forschungszentrums verbreiten sich über den Flurfunk oder werden mit unregelmäßig verschickten Newslettern verbreitet. Ein statisches Festhalten von Wissen ist aufgrund der ständigen Weiterentwicklung des Cern nicht möglich: die durchgeführten Experimente ergeben keine feststehenden und dauerhaften Entwicklungen, sondern es bilden sich neue Ideen heraus und neue Technologien werden angeschafft und eingesetzt.

Berners-Lees muss also ein System entwickeln, in dem sowohl persönliche, informelle und an einen überschaubaren Personenkreis gerichtete Mitteilungen archiviert werden (wie zum Beispiel Einladungen, Kommentare, Anmerkungen oder Debattenbeiträge), aber auch allgemeine und an ein nicht näher bestimmtes Publikum ausgerichtete Artikel, Aufsätze, Beiträge und Anleitungen erfasst. Dieser Wissenspool soll auch für neue Personen am Cern erschließbar sein.

Erstaunlich Weitsicht

Der Informatiker erweist sich als erstaunlich weitsichtig: das Cern ist nur Vorreiter mit dem Problem, einen enormen dynamischen und vielfältigen Informationsbestand archivieren und nutzbar halten zu müssen – in wenigen Jahren wird die gesamte Welt vor derselben Herausforderung stehen und in zehn Jahren werden kommerzielle wirtschaftliche Anbieter sicherlich eine Lösung dafür bereitstellen. Solange könne das Cern aber nicht warten und muss eine eigene Antwort auf diese Organisations-Frage entwickeln.

Aus dieser Antwort, die Berners-Lees vorschlägt, entwickelte sich das World Wide Web als derjenige Teil des Internets, welchen Privatpersonen und so gut wie alle wirtschaftlichen Unternehmen heute alltäglich und selbstverständlich nutzen. Dieses Konzept konnte sich wohl genau deswegen durchsetzen, weil es kein Produkt war, für dessen Nutzung gezahlt werden musste, sondern weil es sich um eine zur Weiterentwicklung offene und kostenfreie Infrastruktur handelte.

Indem der Informatiker seine Idee nicht verkaufte und darauf verzichtete, finanziell davon zu profitieren, legte er die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg all jener Firmen, die im und durch das Internet enorm verdienten. Sein einziger Gewinn ist immaterieller Natur: Berners-Lees ist heute zum Sir ernannt und zum Vorsitzenden des World Wide Web Consortiums und Professor am Massachusetts Institute of Technology berufen.

In seinem ersten Aufsatz von 1989

In seinem ersten Aufsatz von 1989 benannte Berners-Lees bereits die wichtigsten Grundzüge seiner Idee: das Prinzip der Offenheit, Erweiterbarkeit, Standardisierung und der kostenfreien Nutzung. Danach arbeitete er die konkreten Details zur Umsetzung aus und entwickelte die Hypertext Markup Language, kurz HTML. Diese Entscheidung für eine offen zugängliche und softwaremäßig systemunabhängige Auszeichnungssprache anstelle der Realisierung mit geschlossenen und plattformabhängigen Standards als Datenbank ist wohl der Hauptgrund für den Erfolg des World Wide Webs.

Innerhalb des Wissensnetzes werden alle Dokumente mit einem begrenzten und standardisierten Satz an Befehlen gestaltet, aus dem sich eindeutig seine Darstellung ergibt. Verschiedene Programme auf unterschiedlichen Betriebssystemen lesen und interpretieren diese HTML-Befehle. Eine einheitliche Adressvergabe stellt sicher, dass jedes Dokument innerhalb des Netzes von jedem Ort zu jedem Zeitpunkt aus abrufbar ist. Und Übertragungsstandards garantieren seine fehlerfreie Übermittlung.

Tim Berners-Lee sieht bereits 1989 in dieser Forderung nach maximaler Kompatibilität die relevanteste, aber auch komplexeste Funktion seines Konzepts:

  • Er plädiert für ein Informationssystem, welches den Fokus darauf legt, universell und plattformunabhängig zu sein und sich nicht auf grafische Spielereien oder unnötige komplizierte Zusatzfunktionen konzentriert.
  • Durch Hypertext wird genau dies sichergestellt: es handelt sich um Informationen, die von jedem Menschen lesbar sind und bei deren Verknüpfung es keinerlei Einschränkungen gibt.
  • Die Software, welche Informationen speichert, muss vom darstellenden Programm getrennt sein. Die Kommunikation zwischen den Programmen wird durch eine eindeutig definierte Schnittstelle ermöglicht.
Vernetztes Wissen

Diese Kernthesen klingen heute banal. Dokumente im Internet, die man von jedem Ort und von jedem Rechner aus aufrufen kann? Vernetztes Wissen liegt auf unzähligen Servern und ist dennoch mit Hyperlinks verbunden und problemlos nutzbar? Heutzutage ist das alltäglich. Aber 1989 entwickelte der Informatiker mit diesen Prinzipien ein nahezu revolutionäres Konzept.

Es gab Vorläufer im Geist: 1965 schlug der US-amerikanische Soziologe Ted Nelson ein ähnliches System von sogenanntem “Hypertext” vor, das “Xanadu”. Dessen Realisierung scheiterte aber über Jahrzehnte und krankte an der Verletzung von mehreren Prinzipien Berners-Lees: die Speicherung und die Darstellung der Dokumente waren nicht konsequent getrennt und es gab zu viele aufwendige Extras, welche zu Lasten der Plattformunabhängigkeit gingen.

Tim Berners-Lees war mehr Erfolg beschieden: verantwortlich waren die schon erwähnten Prinzipien der Offenheit, Erweiterbarkeit, Standardisierung und der kostenfreien Nutzung. Er entwickelte am Kernforschungszentrum HTML und den ersten Browser zu dessen Darstellung. Aber die finanziellen Früchte ernteten andere.

Zum Bespiel der Informatikstudent Marc Andreessen, der an der Universität in Illinois wenige Jahre später den Mosaic-Browser für das WWW entwickelte – dieser lief auf allen drei Betriebssystem-Standards, war kostenfrei downloadbar und setzte recht schnell den Standard zur Darstellung der ersten Seiten in Berners-Lees Wissensnetz. Der Student gründete ein Software-Unternehmen in Zusammenarbeit mit James H. Clark, welches 1995 als “Netscape” den Börsengang wagte, und verdiente damit Millionen.

Auf die Frage, ob er es bereut, antwortet Tim Berners-Lee auf seiner eigenen Webseite:

“Wäre die Technik proprietär und unter meiner Kontrolle gewesen, wäre sie wahrscheinlich nicht so erfolgreich geworden. Die Entscheidung, das Web zum offenen System zu machen, war notwendig, um es universell zu machen.”

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Hi, ich bin Mika - WordPress-Enthusiast und Webworker aus Leidenschaft. Ich bin Inhaber der Webdesign Agentur / WordPress Agentur Wolkenhart® und freier Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.